Meta: 390-Millionen Euro Datenschutz-Bußgeld und wie wir in Zukunft werben (2/2)

Meta muss für einen festgestellten Verstoß gegen die DSGVO eine Geldbuße von 210 Millionen Euro (im Falle von Facebook) und 180 Millionen Euro im Falle von Instagram zahlen. Im Urteil wurde indirekt ein Präzedenzfall geschaffen der entscheidend dafür sein könnte, wie wir in Zukunft werben.

Wer Teil 1 dieses Artikels nicht gelesen hat, sollte das tun, oder zumindest die folgende Kurzfassung lesen. Denn es ist dieses Verfahren, welches mich überhaupt dazu motivierte über das Thema personenbezogene Werbung nachzudenken.

💬 Zusammenfassung Teil 1:

Meta Ireland (die europäische Tochterfirma von Meta, welches für Facebook Instagram und WhatsApp verantwortlich ist) wurde verwehrt, sich auf die Rechtsgrundlage „Vertrag“ im Zusammenhang mit der Bereitstellung von verhaltensbezogener Werbung als Teil seiner Facebook- und Instagram-Dienste zu berufen. Seine bisherige Verarbeitung von Nutzerdaten im angeblichen Vertrauen auf die Rechtsgrundlage „Vertrag“ stellt somit einen Verstoß gegen Artikel 6 der DSGVO dar. Meta muss für den festgestellten Verstoß gegen die DSGVO eine Geldbuße von 210 Millionen Euro (im Falle von Facebook) und 180 Millionen Euro im Falle von Instagram zahlen. Meta Ireland muss seine Verarbeitungsvorgänge innerhalb von 3 Monaten mit der DSGVO in Einklang bringen.

Ich hatte in Teil Eins angekündigt, dass sich der zweite Teil mehr mit den Philosophischen Aspekt des Themas auseinandersetzt. Und dem ist auch so.

Datenschutz in der Zukunft und Werbung? Das wird ein Problem!

Erinnern wir uns zurück: In der Bewertung, ob Meta sich auf einen Vertrag berufen kann, hatte das DPC ja die Auffassung, dass es zulässig sei. Worauf mehrere andere Datenschutzaufsichten sich dem entgegen stellten. Grundsätzlich stimme ich dem DPC und seiner Auffassung der Rechtsgrundlage in diesem Fall auch nicht zu – zumindest nicht ganz. Warum nicht ganz? Weil sie in einer Sache doch recht haben. Einer Sache, die anderen auch klar sein müsste, aber welche sie in ihrem Kampf gegen die bösen Datenkraken manchmal übersehen. Ich will mal kurz etwas klar machen:

Ein werbefinanzierter kostenloser Dienst ist auf Werbeeinnahmen angewiesen, das ist ja sogar die Definition von „Werbefinanziert“, Das macht Werbung jedoch nicht zu einem Kernelement des Dienstes, da die Funktionen ja auch ohne Werbung funktionieren oder? Könnte man meinen – bis dann der Strom für die Server ausfällt, weil Meta die Stromrechnung nicht mehr bezahlen kann 😊. Okay, so schnell wird das denen nicht passieren, aber wir sollten nicht vergessen, dass das hier ein Prezedenzfall ist. Und zwar ein richtig großer, der garantiert auch für andere Bußgeldverfahren als Entscheidungsbasis herangezogen wird. Ob der Verantwortliche jetzt Meta ist, oder eine mickriege Werbefirma in den bayrischen Alpen.

Und dass ist das Dillemma! Ein Paradebeispiel wie das europäische Recht auf Datenschutz zwar Bürger schützt, sie im schlimmsten Fall aber deshalb Arbeitslos machen könnte. Klingt überspitzt, ich weiß, aber es hat doch einen wahren Kern.

📰 Ein Vergleich aus dem Alltag – Die Sonntagszeitung

In meiner kostenlosen Sonntagszeitung liegen auch jede Woche eine Menge Prospekte bei.

Auch die sind in gewisser Weise personalisierte Werbung, weil sie mir die Angebote vom Aldi um die Ecke zeigen und nicht die von irgendeinem Aldi im Schwarzwald. Zwar wurden dafür nicht meine persönlichen Daten verabeitet, aber die Werbung ist trotzdem zielgerichtet.

Wie auch immer. Darüber finanziert sich diese Zeitung und bezahlt mit diesen Mitteln auch die Leute, die für den Inhalt der Zeitung verantwortlich sind.

Das sind Menschen wie Sie und ich, die brauchen Brot auf´m Teller (am besten mit Belag), die brauchen Kohle für Strom und Heizung (entweder Holzkohle oder Euros), und die können nicht mal eben den Job wechseln!

Wenn meine Sonntagszeitung die Prospekte weg lässt, landet im schlimmsten Fall, am Ende nichts mehr in meinem Briefkasten. Hier vor Ort definieren die Prospekte sogar diese Zeitung. Keiner der diese Zeitung liest, holt sich vorher die Prospekte im Laden. Sie kommen ja eh mit der Zeitung. Das hat sich hier von Werbung zu einer Postdienstleistung weiterentwickelt.

Das macht die Prospekte zwar nicht zu einem Kernelement der Zeitung – aber es macht sie essenziell für das fortbestehen der Zeitung. Das ist ihr Geschäftsmodell. Und selbst vor der DSGVO haben viele solcher Zeitungen dieses Geschäftsmodell aufgegeben und wurden kostenpflichtig.

Klar, man könnte meine Sonntagszeitung jetzt auch kostenpflichtig machen, oder?

Nein! Erstens, würde ich sie dann wie viele nicht mehr lesen. Und zweitens, löst das auch nicht das Problem. Bestes Beispiel dafür sind die jetzt schon existierenden kostenpflichtigen Zeitungen. Auch in denen sind Prospekte, weil die Abboeinnahmen einfach nicht reichen!

Werbung ist ein wichtiger finanzieller Anker in einigen Branchen und der Datenschutz legt vieles Trocken, was Werbung so lukrativ macht. Das hat noch kein Werbeblocker geschafft. Und auch wenn ich wie viele andere Menschen da draußen Werbung hasse, sage ich: „Das ist ein Problem.“

Wandlungsperspektive

Wir leben in einer Welt die technisch so weit entwickelt ist, dass wir als Gesellschaft bald nicht mehr mitkommen werden. Auch im Punkto Werbung. Denn auf der einen Seite wollen wir Datenschutz, auf der anderen Seite wollen wir nichts bezahlen oder wollen nicht, dass Sachen teurer werden. Aber SPOILER. Es geht nur eines auf einmal. Es ist die Simple Entscheidung, ob wir uns einen Spielfilm kostenlos mit Werbung im Fernsehen, oder kostenpflichtig im Kino mit Werbung, oder kostenpflichtig auf Netflix (und da zahlt man ja sogar jeden Monat, auch wenn man nichts guckt) ansehen.

Am Ende, zahlen wir nur, um etwas NICHT zu sehen, die Werbung. Und wir werden an den Punkt kommen, an dem wir den Sat.1 FilmFilm vermissen.

Ich spreche jetzt mal die Katze im Sack an und Frage:

Nieder mit personalisierter Werbung?

Die Antwort ist nicht so einfach! Ein vollständiges Verbot der personalisierten Werbung hätte wahrscheinlich erhebliche Auswirkungen auf die Werbeindustrie und die Online-Erfahrung der Verbraucher. Personalisierte Werbung ist für viele Unternehmen eine wichtige Einnahmequelle, und ein Verbot dieser Praxis könnte zu einem Rückgang der Wirksamkeit und Rentabilität der Online-Werbung führen. Ohne die Möglichkeit, Daten für die gezielte Ansprache von Verbrauchern zu nutzen, müssten Werbetreibende wahrscheinlich mehr auf breitere, weniger zielgerichtete Ansätze zurückgreifen, was zu einem weniger personalisierten und möglicherweise weniger relevanten Werbeerlebnis für die Nutzer führen könnte.

Andererseits könnte ein Verbot der personalisierten Werbung auch einige positive Auswirkungen haben. Es könnte die Privatsphäre der Verbraucher stärken, indem es die Menge der für Werbezwecke gesammelten und genutzten Daten reduziert. Es könnte auch das Potenzial für Diskriminierung und Voreingenommenheit in der Werbung verringern, da Algorithmen nicht in der Lage wären, personenbezogene Daten zu nutzen, um bestimmte Personengruppen anzusprechen. Es ist jedoch auch möglich, dass ein Verbot der personalisierten Werbung zu einem Rückgang der Gesamtqualität und Vielfalt der online verfügbaren Inhalte führen könnte, da die Unternehmen weniger Mittel zur Finanzierung der Erstellung von Inhalten hätten.

Inflation auch durch fehlende Werbung?

Es ist sogar möglich, dass Produkte ohne personalisierte Werbung teurer sein könnten. Personalisierte Werbung ermöglicht es Unternehmen, ihre Marketingbemühungen gezielter einzusetzen, was ihnen helfen kann, den Absatz zu steigern und Einnahmen zu erzielen. Diese Einnahmen können dann dazu verwendet werden, die Kosten für die Herstellung und den Vertrieb von Produkten auszugleichen. Ist ihnen so etwas nicht gestattet, müssen sie möglicherweise die Preise für ihre Produkte erhöhen, um den Rückgang der Einnahmen auszugleichen.

Es ist auch erwähnenswert, dass personalisierte Werbung dazu beitragen kann, den Wettbewerb zu erhöhen und die Preise für die Verbraucher zu senken. Indem sie es den Unternehmen ermöglicht, ihre Marketingbemühungen gezielter einzusetzen, kann personalisierte Werbung kleineren Unternehmen helfen, mit größeren zu konkurrieren, was die Preise für die Verbraucher senken kann. Sollte personalisierte Werbung verboten werden, könnte sich die Wettbewerbslandschaft verändern, was zu höheren Verbraucherpreisen führen könnte. Insgesamt würde die Auswirkung eines Verbots personalisierter Werbung auf die Produktpreise von einer Vielzahl von Faktoren abhängen, darunter die spezifische Art des Verbots, die Wirksamkeit alternativer Marketingansätze und das allgemeine Wettbewerbsniveau auf dem Markt.

Gibt es eine Alternative?

Eine Alternative wäre, dass die Unternehmen gezieltere, aber nicht personalisierte Werbemethoden einsetzen. So könnten sie beispielsweise Daten über den Browserverlauf oder den Standort der Verbraucher nutzen, um ihnen Werbung zu zeigen, die ihren Interessen besser entspricht, ohne jedoch personenbezogene Daten wie Namen oder Kontaktinformationen zu erfassen und zu verwenden.

Es ist auch möglich, dass Unternehmen sich mehr auf den Aufbau von Beziehungen zu den Verbrauchern durch Aktivitäten wie Treueprogramme, E-Mail-Marketing und Engagement in den sozialen Medien konzentrieren. Diese Arten von Ansätzen können effektiver sein, wenn es darum geht, Markenbewusstsein und Loyalität aufzubauen, sind aber möglicherweise weniger effektiv, wenn es darum geht, unmittelbare Verkäufe zu erzielen.

Insgesamt wird die zielgruppenorientierte Werbung im Allgemeinen als datenschutzfreundlicherer Ansatz angesehen, da sie es den Unternehmen ermöglicht, bestimmte Zielgruppen zu erreichen, ohne personenbezogene Daten einzelner Verbraucher zu erheben und zu verwenden. Es ist jedoch wichtig, dass die Unternehmen ihre Datenerhebungs- und Verwendungspraktiken unabhängig von dem von ihnen verwendeten Ansatz transparent machen, um die Privatsphäre ihrer Kunden zu schützen.

Die konkrete Alternative zur personalisierten Werbung hängt von den Bedürfnissen und Zielen des Unternehmens sowie vom spezifischen Kontext und Markt ab, in dem es tätig ist.

Wir halten also fest, dass nicht alles schwarz und weiß ist und wir ein Tempo brauchen, dass uns ermöglicht einen Prozess anzukurbeln, der einen Wandel innerhalb dieses Themas ermöglicht. Denn wenn wir es zu schnell machen, kann die Wirtschaft leiden, dass sollten spätestens seit Ende 2022  alle wissen.


Über den Autor

Patrick Schneider ist Inhaber von onownline.eu. Er bezeichnet sich selbst als geborener Nerd mit einer Spezialisierung für Entertainment. Patrick kann auf einen großen Erfahrungsschatz in Webseitadministration, grundlegender Programmierung, Marketing und Datenschutz, und mehr zurückgreifen.

Über den Artikel

Version: 1.0 (10.01.2023 – 17:45