Mid-Roll – Von genervten Nutzern und Creatorn [+Kommentar]

Immer wenn YouTube am Werbesystem etwas ändert, gibt es einen großen Aufschrei. Zum einen von den sog. Content Creatorn, zum andern von den Nutzern, die Werbung generell schon nervig finden.

Wer erinnert sich nicht an die bis heute geführte Debatte um ‚Werbefreundlichkeit‘ in Videos. Die liebevoll Big-Banner getauften Werbebanner auf der Startseite, in der dann direkt der Werbespot mit eingefügt ist.

Dann wird bis heute die Claim-Politik von YouTube kritisiert. Illegal hochgeladene Songs zu sperren oder die Werbeeinnahmen an den eigentlichen Artist weiterzuleiten ist eine Sache, aber einem V-Logger die Einnahmen an seinem Urlaubsvideo zu verwehren, weil für zwei Sekunden Katy Perry aus einem Auto mit offenem Fenster zu hören war … ja, das ist alles andere als Fair. Und dann wäre da ja noch der tolle Algorithmus von YouTube – Content-ID, der korrupteste Algorithmus der Weltgeschichte. Nach dem Motto ‚Claimen statt klären‘ wird freundlich alles gesperrt oder für den anscheinenden Rechteinhaber monetarisiert – und ein Einspruch eines Creators gefühlt vom gleichen Algorithmus geprüft der ihn auch gesperrt hat. Wie sinnvoll.

UND WAS IST ES DIESMAL?

Auch dieses Jahr hat YouTube seinem ruf diesbezüglich wieder alle Ehre gemacht. Man hat die Monetarisierungs-Richtlinien und weitere Regelungen aktualisiert. Diese Änderungen ermöglichen es nun mehr Werbung zu schalten. Das wird in den meisten Fällen allerdings nur YouTube zuträglich sein.

Eine sehr auffällige Änderungen ist die Senkung der Mindestlänge von Videos zur Anzeige von sog. Mid-Rolls (Das sind die Spots, die als Werbeunterbrechung inmitten des Videos abgespielt werden). War die grenze vorher bei 10, ist sie nun bei 8 Minuten. Ich sollte jedoch das Wort ’nun‘ einmal genauer erklären. Denn ist es so, dass die Mid-Rolls automatisch aktiviert werden – bei allen Videos, die die Mindestlänge erfüllen, ob der Creator das möchte oder nicht, ob das Video noch hochgeladen wird oder schon seit Jahren auf der Plattform gehostet wird. Zwar kann man sie wieder abschalten, doch ist es wohl absichtlich so von YouTube gestaltet worden, dass das eher die Minderheit machen wird.

Wer also als Creator die Werbung auf seinem Video deaktiviert hat, vielleicht sogar Absichtlich, weil er mit dem Video z.B. durch Sponsoring oder Product-Placements Geld verdient, der schaut nun in die Röhre.

WIESO DEN BLOSS?!

Warum geht YouTube diesen Schritt? Naja … wegen Geld.

YouTube hat derzeit ein Problem:
Die Werbeeinnahmen der Plattform sinken, während die Nutzung und damit die Unterhaltungskosten der Plattform steigen.Das ist eine ganz einfache Rechnung, vergessen wir nicht, dass hinter YouTube immer noch ein Unternehmen steht, das Geld verdienen muss.

VERDIENTE KLATSCHE?

Nun, ich finde, hätte sich YouTube in der Vergangenheit etwas schlauer angestellt, hätten sie aus der massiven Nutzung der Plattform während der Pandemie sogar noch profitiert.

Doch der Kurs von YouTube war in letzter Zeit zu sehr auf Kuschel Kuschel mit Werbepartnern getrimmt. Nicht falsch verstehen, die Umsetzung von COPPA auf der Plattform verstehe ich zum Beispiel voll und ganz. Wer will schon dass aus YouTube so eine Art RTLKids wird, wo Kanäle wie StacyToys sich eine goldenen Nase mit dem größten Assi-Content der Welt verdienen und dabei auch noch den Nachwuchs verblöden. Hierzu kann ich übrigens ein Video von RobBubble empfehlen.

Aber es gab und gibt so viele weitere Probleme die nicht angegangen wurden bzw. werden!

  • Lockerung der Content-ID-Algorithmen und Vermeidung von fehlerhaften Sperrungen, Demonetarisierungen, Abzweigung an andere (teilweise nicht berechtigte) Rechteinhaber. Aber hier wird die Tolle Urheberrechtsreform eher gegenteiliges bewirken.
  • Steigerung der Attraktivität der Monetarisierung. (Was Werbefreundlich ist, kann kein Algorithmus entscheiden, höchsten eine erfahrene KI, aber die gibt es noch nicht.
  • u.s.w.

Mit dem derzeitigen Kurs wird die Monetarisierung sehr unattraktiv, weshalb auch viele Content-Creator auf Product-Placement setzen, daran verdient aber YouTube nix. 😀 Hmm. Ist das vielleicht auch einer der Gründe für die ‚Mehrwerbung‘?

Alles in allem erinnert YouTube ohne Adblocker eher an MyVideo. Doch hinter MyVideo stand die ProSiebenSat.1-Media – eine Deutsche TV und Medien-AG, hinter YouTube steht Google, ein erfolgreicher weltweit operierender Konzern.

ALTERNATIVEN?

Twitch! Nein, auch nicht Twitch. Bessere Community-Optionen – und nebenbei bemerkt ein ähnlicher aber teilweise weicherer Kurs wie YouTube was Werbung und Plattformfreundlichkeit angeht – man kann dort mehr kontrollieren und auch ohne Werbung nämlich über Spenden und Abos Geld verdienen – Twitch ist derzeit die beste YouTube-Alternative – vor allem für Gamer, aber komplett ersetzen kann es YouTube nicht. Das ist mitunter ein Grund, warum die Plattform meiner Meinung nach immer noch so erfolgreich ist und sich immer noch retten könnte. Viele Content-Creator würden zurzeit vermutlich gerne gehen. Aber wohin?

Lasst uns hoffen, dass YouTube den Kurs irgendwann einmal ändert, sonst wird daraus so eine gefühlt lebende Leiche wie Facebook.

Wobei ich davor Angst hätte, denn die geballte Power an Content und Nutzung von YouTube könnte heute glaube ich kein anderer Konzern stemmen. Ich erinnere da gerne an Vidme.

Und out.

Patrick Schneider – 22.11.2020

1 Kommentar zu „Mid-Roll – Von genervten Nutzern und Creatorn [+Kommentar]“

  1. Pingback: Der Twitch-Hack – und was er verursacht – ownOnline

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